Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben


Trenne dich nicht von deinen Illusionen.
Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.
Mark Twain

Sonntag, 19. Juli 2015

Ich erzähl dir

Hallo an alle, 

auf der Webseite von Schule fürs Leben ist vor Kurzem eine Geschichte über meine Arbeit bei der Reittherapie erschienen. Wer nachlesen möchte, hier ist der Link: 
http://www.schulefuersleben.de/geschichten/kinderlachen-und-pferdegeruch/ 

Das ist übrigens meine zweite Geschichte. Hier geht es zur ersten Geschichte, die vom Vorbereitungsseminar erzählt: 
http://www.schulefuersleben.de/geschichten/die-angst-vor-der-angst/ 

Machts gut, 

eure Bianca  

Montag, 13. April 2015

Semana Santa in Popayán

Theresa und ich haben wieder ein kleines Abenteuer hinter uns: vom 2. bis zum 4. April waren wir in Popayán, um dort die Osterprozessionen der Semana Santa (Karwoche) anzusehen, ein weiteres Kulturerbe der UNESCO, das man hier in Kolumbien bewundern kann. Popayán ist die Hauptstadt des Departamentos Cauca und ist mit dem Bus etwa drei Stunden von Cali entfernt. Die Stadt wird auch Ciudad Blanca genannt, die weiβe Stadt, weil die Fassaden der Gebäude im historischen Zentrum fast ausschlieβlich weiβ angestrichen sind. 

Dieses Mal waren wir nicht so spontan, wie bei unserem Pasto-Urlaub und wir hatten uns schon Wochen vorher um eine Übernachtungsmöglichkeit bei einem Couchsurfer gekümmert. Wir würden bei einer Familie übernachten. Weiter geplant haben wir dann aber doch nicht und so haben wir uns sehr gefreut, dass am Donnerstagmorgen noch sechs andere aus unserer WG (also eigentlich unsere ganze WG) nach Popayán fahren wollten. Die hatten zufällig für acht Leute Bustickets reserviert und somit konnten Theresa und ich die zwei übrigen Tickets haben. Wenn es ums Reisen geht, reiβt unsere Glückssträhne anscheinend nicht ab! 
Am Busbahnhof von Popayán haben wir uns von unseren Mitbewohnern verabschiedet, die hatten eine „Couch“ auf einer Finca in der Nähe. Auch Theresa und ich wurden bald von Alonso abgeholt, einem 26-jährigen Lehrer, der irgendwo in einem Dorf südlich von Popayán Literatur und Quechua (die indigene Sprache der Andenvölker) unterrichtet. In der Woche, wenn er arbeitet, wohnt er in dem Dorf, nur am Wochenende ist er in Popayán bei seinen Eltern. 
Nach dem Mittagessen in der Nähe des Busbahnhofs sind wir mit dem Taxi zu seinen Eltern nach Hause gefahren. Alonso hat uns sein Zimmer überlassen, in dem Theresa und ich uns ein geräumiges Bett mit einer traumhaften Matratze teilen konnten. Wie gerne hätte ich die Matratze oder am besten gleich das ganze Bett mit nach Cali gebracht. Alonsos Bruder Julián kam bald vorbei, um uns kennenzulernen. Er studiert Architektur in Popayán, wohnt aber nicht mehr im Elternhaus. Die Eltern selbst waren nicht da, die würden wir erst am nächsten Tag kennenlernen. Fast 60 Couchsurfer wurden bereits insgesamt von der Familie willkommengeheiβen, unglaublich diese Gastfreundschaft! 
Nachmittags haben Alonso und Julián uns die Stadt gezeigt. Das Wetter war wunderbar und die weiβe Stadt leuchtete bei der vielen Sonne. Zum Sonnenuntergang sind wir auf einen Berg, den Cerro El Morro gestiegen, um die ganze Stadt im Blick zu haben. Abends haben wir uns unsere erste Prozession angesehen. Das Highlight sind die riesigen Holzskulpturen, die „pasos“ genannt werden. Die schweren pasos zeigen Szenen aus der Bibel und werden jeweils auf den Schultern von acht Männern durch die Straβen getragen. An diesem Abend waren es zwölf pasos und es kam mir ewig vor. Es war zwar sehr beeindruckend, aber nach den ersten drei Skulpturen hatte ich eigentlich schon genug gesehen. 

Am nächsten Tag sind Theresa und ich früh aufgestanden, um in die nahe gelegenen Termalquellen zu fahren. Morgens haben wir die Mutter von Alonso und Julián - Mamá Amparo - kennengelernt, die gleich ein leckeres Frühstück für uns vorbereitet hat. 
Dann sind wir mit dem Bus nach Coconuco zu den Termales Aguas Tibias gefahren. Die Anlage lässt dich mit unseren deutschen Spas absolut nicht vergleichen. Es waren sehr viele Menschen dort und es war auch ziemlich dreckig. Aber das warme Wasser tat nach so vielen Monaten mit kalten Duschen wirklich gut und die Aussicht auf die Berge war wunderschön. Gut eingeweicht sind wir anschlieβend noch ein Stück durch die schöne Landschaft gewandert, bis wir wieder in den Bus nach Popayán eingestiegen sind. Auch an diesem Abend haben wir eine Prozession gesehen, mit unendlichen 20 pasos. Ich war froh, abends im Bett zu sein und am Samstag haben wir dann auch lange ausgeschlafen. Den restlichen Tag haben wir mit Mamá Amparo gekocht und ich konnte ein paar kolumbianische Rezepte notieren. 

Leider hatten Theresa und ich inzwischen erfahren, dass wir nicht auf den Vulkan, der etwa 20 Kilometer von Popayán entfernt liegt, steigen durften, weil laut unseres weltwärts-Teams dort die Guerilla aktiv ist. Wir durften Popayán nicht verlassen und uns nichts auβerhalb der Stadt ansehen. Somit haben wir entschieden, bereits am Samstag abzureisen, statt wie geplant bis Sonntag zu bleiben. In Popayán gab es einfach nicht mehr viel zu tun. Wir sind also aus Sicherheitsgründen eher nach Cali zurückgekehrt. Ziemlich absurd, da Cali mittlerweile auch rote Zone ist. 
Auch wenn wir dadurch nicht so viel sehen konnten, waren es sehr schöne Tage. Es war toll die Familie kennenzulernen und etwas über ihre Leben zu erfahren und das Schönste war meiner Meinung nach das Kochen mit Mamá Amparo. Es ist unglaublich lieb, wie wir von dieser Familie mit offenen Armen empfangen wurden. Ich bin sehr dankbar für die schöne Zeit und die Erfahrungen! 

Hier wie immer noch ein paar Bilder von unserer Reise und ganz liebe Grüβe aus Cali, 
eure Bianca 


Das Haus mit den grünen Türen war unser "Hotel".

Theresa in dem wunderbaren Bett im Zimmer von Alonso. 

Erste Besichtigung des historischen Zentrums von Popayán. 

Rechts Alonso, daneben sein Bruder Julián. 

Aussicht auf die Stadt bei Sonnenuntergang. 

Einer der pasos bei der Prozession. 

Hier sieht man vier der insgesamt acht Träger der schweren pasos

Kolumbianisches Spa :), wunderschön gelegen in den Bergen. 

Spaziergang durch den Cauca. Ob sich da die Guerilla versteckt?

Kochen mit Mamá Amparo - LECKER!

Links fríjoles (Bohnen), rechts patacones (frittierte Kochbananen).

Mal wieder viel zu schnell: Abschiedsfoto vorm Haus. 







Montag, 30. März 2015

Die Reittherapie hat mich wieder...

... oder besser gesagt: Ich habe die Reittherapie wieder und kann mein Glück kaum fassen! 

Wie es zu diesem Wunder kam? Eine Freiwillige hatte im Urlaub jemanden kennengelernt, der hier in Cali eine Organisation leitet, die Kindern eines Heims Reittherapie ermöglicht. Bei der Vorstellung, in der Organisation arbeiten zu können klopfte mein Herz natürlich schneller und sofort sprach ich mit der Freiwilligen und sie vereinbarte für mich einen Termin mit Juan Camilo, dem Direktor der Organisation. Am Freitag war es dann so weit. 

Morgens hatte ich mir in der Vorschule wegen dem Termin frei genommen. Ich musste aber trotzdem kurz ins Colegio, um den Gastronomie-Schülern für den Nachmittag eine Aufgabe zu geben. Ich kam genau zur Pausenzeit im Colegio an. Einige Vorschulkinder kamen auf mich zugerannt, drückten mich und konnten ihre Enttäuschung nicht verbergen, dass ich an diesem Tag nicht bei ihnen im Unterricht sein würde. Die Kleinen sind mir schon ziemlich ans Herz gewachsen. 
Ich hatte auch noch Zeit, mit einer anderen Freiwilligen des Colegios zu sprechen. Leider hatte sie gar keine guten Nachrichten. Vor ein paar Wochen kam eines der Mädchen meiner Vorschulklasse mit einer Wunde auf der Wange in den Unterricht. Alles deutete darauf hin, dass die Mutter sie mit einem Stuhl verletzt hatte. Heute kam dann ihr kleiner Bruder mit einem roten Auge in die Schule. Er hatte der Erzieherin erzählt, dass sein Vater ihm mit einem Gürtel ins Gesicht geschlagen hatte. Manchmal vergesse ich zwischen den schönen Bambusgebäuden des Colegios, die Realität und die Probleme der Einwohner Montebellos. Solche Ereignisse bringen mir die Wichtigkeit der Arbeit hier vor Ort wieder ins Gedächtnis. Nachdenklich und etwas fassungslos machte ich mich auf den Weg zurück nach Cali. 

Dort traf ich mich mit Juan Camilo zum Mittagessen und er konnte mir von seiner Organisation erzählen. Jeden Donnerstag kann eine feste Gruppe von fünf Kindern eines Heimes in einem Pensionsstall an der Reittherapie teilnehmen. Dabei werden ihnen Werte wie Toleranz, Selbstvertrauen und Empathie vermittelt. Das Projekt läuft jeweils über vier Monate, danach beginnt eine neue Gruppe von fünf Kindern. Am 30. April beginnt die nächste Gruppe und ich hoffe, spätestens ab da die Therapiestunden unterstützen zu können. 

Nach dem Mittagessen sind wir zum Reitstall gefahren, der ganz im Süden Calis liegt. Es gibt zwei Reitplätze und eine neue Anlage mit Reithalle und Boxen wird gerade gebaut. Mir wurde das Team der Reittherapeuten vorgestellt und natürlich habe ich von meinen bisherigen Erfahrungen in der Reittherapie erzählt. Die Leiterin des Teams ist eine Psychologin und sie sagte mir direkt, dass ich sehr gerne bei der Therapie dabei sein könnte, damit wir voneinander lernen können. Zwar findet das Projekt mit den Heimkindern der Organisation nur donnerstags statt, aber die Reittherapeuten arbeiten von montags bis samstags auch mit anderen Patienten. Mir war gleich klar, dass ich weitaus mehr lernen würde, als dass ich den Profis etwas beibringen könnte und ich freute mich riesig über diese Möglichkeit. 
Offenbar kamen wir gerade rechtzeitig an, denn kurz nach unserem Gespräch hat eine Therapiestunde begonnen, bei der ich direkt mitmachen durfte. Die Reittherapie findet drauβen auf einer groβen Wiese statt. Vier Pferde standen schon bereit, während die Kinder noch barfuβ und mit Bällen und anderem Spielzeug auf der Wiese saβen. Dann ging es los und ich durfte die Psychologin dabei begleiten, wie sie mit einem etwa fünfjährigen Jungen die verschiedensten Übungen auf dem Pferd machte. Sie arbeitet meiner Meinung nach sehr professionell und gewissenhaft und es macht Spaβ dabei zu sein. Auch ich durfte ein paar Übungen mit dem Kind durchführen, während mich die Psychologin über Reittherapie in Deutschland ausfragte und wie die Stunden bei uns organisiert sind. 
Nach der Stunde mussten wir das Wunderland leider schon wieder verlassen. Es war ein toller Nachmittag, ich habe jede Menge neue Eindrücke mitgenommen und hoffe, bald regelmäβig dort arbeiten zu können. Mit Sicherheit könnte ich dort eine Menge lernen. 

Heute habe ich mit der Koordinatorin der Freiwilligen gesprochen und sie möchte sich die Organisation diese Woche noch ansehen. Alle bitte Daumen drücken!!! 

Liebe Grüβe an euch alle, 
eure Bianca   






Mittwoch, 25. März 2015

Endlich ein Update

Es hat sich in den vergangenen Wochen viel geändert, darum nehme ich mir heute endlich die Zeit, euch mal wieder auf den neusten Stand der Dinge zu bringen... 

Kehrtwendung an meiner Arbeit 
Zuletzt hatte ich bezüglich meiner Arbeit über die Lehrwerkstatt Hotellerie und Tourismus berichtet, in der ich unterrichtet hatte. Leider wurde diese Lehrwerkstatt – wie auch drei weitere – Ende Dezember vorerst geschlossen. Es gab keine Mittel um die Lehrergehälter zahlen zu können. Ich wurde zwar vom Direktor von Escuela para la Vida darum gebeten, den Lehrer vorübergehend zu vertreten, aber obwohl ich natürlich sehr gut für die Stelle geeignet gewesen wäre und ich das auch gerne gemacht hätte, durfte ich es leider durch die Regeln des BMZ nicht. Die Schülerinnen konnten die Ausbildung somit vorerst nicht weiterführen. Eine Schülerin macht gerade ein Praktikum im Büro von Escuela para la Vida. Von den anderen Schülerinnen weiβ ich nichts. 
Auch drei Schüler der geschlossenen Lehrwerkstatt für Einzelhandel absolvieren gerade ein Praktikum bei Escuela para la Vida. Einer von ihnen arbeitet mit Carolina am Festival VivaGuadua. Dadurch wird meine Mithilfe momentan nicht mehr benötigt. 
Plötzlich hatte ich durch diese Änderungen jede Menge Zeit, die ich hauptsächlich dafür nutzen wollte, Stiftungen wegen Fördergeldern anzuschreiben und ähnliches. Die Arbeit im Bereich Fundraising erschien mir am dringendsten. Leider war das nach vielen Hin und Her aber nicht möglich, denn das BMZ möchte leider nicht mehr, dass Freiwillige selbstständig arbeiten. Wir dürfen jetzt ausschlieβlich unter Anleitung arbeiten und in den meisten Fällen wird das auch eingehalten. In meiner Organisation konnte mir allerdings niemand als Ansprechpartner zur Verfügung gestellt werden. Dadurch hatte ich im Büro somit keine Aufgaben mehr. 
Durch ein paar Umwege arbeite ich jetzt schlieβlich morgens in der Vorschule des Colegios de las Aguas und begleite dort den Unterricht. Konkret heiβt das, dass ich zum Beispiel Aufgabenzettel in Schulhefte klebe, Spiele austeile und einsammele, Schnürsenkel zubinde und nach dem Unterricht den Klassenraum sauber mache. Es ist nicht das, was ich mir für mein FSJ vorgestellt habe und ich bin mir sicher, ich könnte in vielen anderen Bereichen mehr erreichen und selbstverständlich auch mehr lernen, aber leider lässt das BMZ das nicht mehr zu. Wenigstens hat mich die Lehrerin gerne bei sich im Unterricht und die Kinder freuen sich riesig, wenn sie mich sehen. Zudem haben wir auf meinen Vorschlag hin die vier schwächsten Schüler an einen Tisch gesetzt und ich helfe ihnen während des Unterrichts mit den Aufgaben. Schon nach zwei Tagen kam eine Mutter auf mich zu um mir zu sagen, dass ihr Sohn jetzt schon viel besser „schreiben“ würde. 
An zwei Nachmittagen pro Woche unterrichte ich zudem die Lehrwerkstatt Gastronomie in Servicekunde, Marketing, vegetarischer Küche, voraussichtlich Eventmanagement und vielleicht noch in ein paar anderen Dingen, die sich die motivierten Schüler wünschen. Schon im letzten Jahr wurde ich von einer Schülerin gefragt, ob ich die Lehrwerkstatt Gastronomie unterrichten kann. Sie wusste von meinem Unterricht in der Lehrwerkstatt Hotellerie und Tourismus und wollte darum ähnliche Unterrichtsstunden von mir. Damals hatte ich noch zu viele andere Aufgaben und musste sie vertrösten, aber jetzt habe ich mehr als genug Zeit dafür. 

Erneute Änderung meiner Wohnsituation 
Eigentlich sollte ich schon längst in der Wohnung im Büro von Escuela para la Vida wohnen, denn die Wohnung wurde diesen Monat frei und versprochen war sie mir seit Oktober. Eine Woche vor meinem geplanten Umzug in die Wohnung hat sich meine Organisation dann leider doch dagegen entschieden. Ein Grund wurde mir nicht genannt, die Wohnung soll leer bleiben. Ich wohne darum wieder im Freiwilligenhaus und nachdem mittlerweile über 20 Freiwillige ausgezogen sind (alle anderen haben finanziell offensichtlich weniger Probleme, vielleicht weil auβer mir alle noch Kindergeld bekommen), ist es im Freiwilligenhaus ruhiger, sauberer und insgesamt viel angenehmer geworden. Ich hoffe, dass es so bleiben wird! 

Ganz viel Freizeit 
Tatsächlich habe ich meine Freizeit in den letzten Wochen oft im Büro verbracht um dort den Computer benutzen zu können. Mein PC hat ja leider in der ersten Woche in Kolumbien den Geist aufgegeben und ich habe keinen eigenen mehr. Darum habe ich viel Zeit im Büro verbracht, um den Unterricht in der Lehrwerkstatt vorzubereiten und mich schon jetzt über mögliche Arbeitsstellen für meine Rückkehr nach Deutschland im September zu erkundigen. 
Das geht leider nicht mehr, weil das weltwärts-Team hier vor Ort seit letzter Woche nicht mehr möchte, dass ich auβerhalb der Bürozeiten an meinem Arbeitsplatz bin. Zwangsweise kann ich meine Wochenenden somit ausschlieβlich für Freizeitaktivitäten nutzen :-) Das habe ich am vergangenen Wochenende auch direkt getan und passenderweise war es gleich ein verlängertes Wochenende. Am Freitag war ich auf einer Party der Universidad Santiago de Cali. Solche Parties habe ich an meiner Uni in den Niederlanden noch nicht erlebt, die Studenten hier wissen, wie man feiert :-) Samstag und Sonntag habe ich hauptsächlich auf dem Sofa meiner Freundin Esthefania gelesen und ferngesehen. Am Montag bin ich mit Theresa, Esthefania und einem anderen Freund von Pichindé nach Felidia gelaufen, eine sehr schöne etwa 12 Kilometer lange Strecke etwas auβerhalb der Stadt. 
Es ist ungewohnt so viel Freizeit zu haben, das hatte ich schon lange nicht mehr und ich versuche, es zu genieβen. 

Sicherheit: mein zweiter Überfall in Cali 
Leider passierte am Wochenende etwas, was mich dazu veranlasst, zum ersten Mal seit langem über das Thema Sicherheit zu schreiben: Ich wurde mal wieder ausgeraubt und zum ersten Mal mit einer Schusswaffe. 
Am Sonntagmittag auf dem Weg von Esthefania zum Freiwilligenhaus kam mir ein Jugendlicher kurz nach unserer Bushaltestelle entgegen und schrie, dass er meine Tasche haben wollte. Um seiner Forderung mehr Nachdruck zu verleihen, zückte er eine Pistole und richtete sie gegen mich. Da das Stadtviertel, in dem ich wohne in ganz Cali für solche Raubüberfälle bekannt ist, war ich vorbereitet und gab ihm wortlos meinen Jutebeutel. Ich ärgerte mich zwar, dass er gleich meine ganze Tasche mitgenommen hatte, blieb aber genauso ruhig, wie die umstehenden Passanten. Anscheinend habe ich mich an diese Gefahren gewöhnt. 
Mein Beutel wurde kurz darauf gefunden und ich bekam ihn auf Umwegen gegen einen Finderlohn von umgerechnet etwa 10 Euro wieder. Darin befanden sich noch meine kolumbianische SIM-Karte, eins meiner Bücher für die Uni, mein Haustürschlüssel und mein kolumbianischer Ausweis. 
Mein Portemonnaie mit Geld und Busfahrkarte und das kolumbianische Handy waren natürlich weg. Aber auch alle anderen Sachen, wie zum Beispiel meine Zahnbürste und ein wenig Kleidung waren nicht mehr in der Tasche. Anscheinend fanden der Dieb oder der Finder auch dafür Verwendung. 
Ich bin froh, dass mir sonst nichts passiert ist und dass ich richtig reagiert habe. Trotzdem bleibt es beunruhigend, dass es keine sinnvollen Alternativen gibt, um solche Situationen zu vermeiden. 

Unten gibt es noch ein paar Fotos, ich hoffe ihr seid jetzt endlich wieder im Bild über mein Leben hier im schönen Kolumbien und ich versuche demnächst regelmäβiger zu berichten. 

Ganz liebe Grüβe an euch alle, 

eure Bianca  

Meine Vorschulklasse

Wanderung von Pichindé nach Felidia

Kurze Pause am Río Pichindé: Theresa und Esthefania 

Die Aussicht unterwegs

Ankunft in Felidia






Donnerstag, 22. Januar 2015

Grenzerfahrungen

Theresa hat einen schönen Beitrag über unseren Ausflug zum Pico de Loro in ihrem Blog veröffentlicht. Besser könnte ich es nicht machen, also hier einfach der Link :) 

http://sastrecillavaliente.blogspot.de/2015/01/der-schnabel-des-papageis-und-andere.html 

Bis bald, eure Bianca 



Donnerstag, 8. Januar 2015

Carnaval de Negros y Blancos in Pasto

Zum ersten Mal berichte ich nicht über meine Arbeit, sondern stattdessen über einen kurzen Ausflug nach Pasto zum Carnaval de Negros y Blancos (Karneval der Schwarzen und Weißen). Der Karneval ist nicht nur in Kolumbien, sondern auch weltweit sehr bekannt und wurde sogar von der UNESCO zum mündlichen und geistigen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Der Karneval beginnt bereits am 28. Dezember und endet am 7. Januar. Die wichtigsten Tage sind allerdings der 5. und 6. Januar. Am 5. Wird der Tag der Schwarzen gefeiert, an dem jeder - freiwillig oder unfreiwillig - mit schwarzer Farbe im Gesicht bemalt wird. Es ist ein Gedenktag an die Sklaven, die an diesem Tag ihren freien Tag hatten. Der 6. ist der Tag der Weiβen. Statt mit schwarzer Farbe wird man mit jeder Menge Mehl beworfen. Auβerdem gibt es sogenannte Cariocas, groβe Sprühdosen mit Schaum, die während der ganzen Zeit zum Einsatz kommen und die Menschen in Extremfällen wie Schneemänner aussehen lassen. 

Der Plan war also, am Sonntag den 4. nach Pasto zu fahren um diese beiden Tage zu erleben und Dienstagabend wieder zurück nach Cali zu fahren. Wir waren eine recht groβe Gruppe und diesen Plan hatten wir schon sehr lange, nur leider haben wir erst sehr spät begonnen den Plan konkret zu machen. Leider haben wir so spät begonnen, dass alle Hostels ausgebucht waren. 
Am Freitag hatte Theresa dann die brilliante Idee doch noch über Couchsurfing eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden und war fast den ganzen Tag damit beschäftigt, Einwohner aus Pasto anzuschreiben. Beim Couchsurfing bieten Privatleute eine Schlafmöglichkeit im Internet an und Reisende können kostenlos bei ihnen übernachten. Am Samstag haben Theresa und ich uns im Büro getroffen und sie hatte tatsächlich zwei Zusagen. Angerufen habe ich schlieβlich bei Paula und innerhalb von zwei Minuten hatten Theresa und ich ein Bett. Wir sollten Paula einfach wieder anrufen, sobald wir in Pasto angekommen sind. Der Rest unserer Gruppe hatte sich inzwischen gegen eine Reise nach Pasto entschieden. 
Wir haben uns riesig über unser Glück gefreut und gehofft, dass uns das Glück nicht verlassen würde. Denn noch hatten wir keine Bustickets und kein einziges Busunternehmen war telefonisch erreichbar. 

Darum sind wir am nächsten Morgen mit unseren gepackten Rucksäcken bereits um 6 Uhr zum Terminal gefahren, darauf eingestellt Stunden warten zu müssen. Aber unsere Glückssträhne hat angehalten und wir haben einen günstigen Bus gefunden, auf den wir keine Stunde warten mussten. 
Pasto liegt im Südwesten Kolumbiens und die Busfahrt dauert von Cali aus etwa neun Stunden. Wir hatten also ausreichend Zeit, um noch ein wenig zu schlafen. In Pasto angekommen habe ich Paula wieder angerufen und sie hat mir durchgegeben, wo wir per Taxi hinfahren sollten. Aus dem Taxi ausgestiegen wurden wir herzhaft von Paula, ihren Freunden und der ersten Dosis Carioca-Schaum empfangen. 

Wir sind zu ihrem Apartment am Stadtrand von Pasto gefahren, konnten uns ganz kurz fertig machen und direkt ging es los zu einem Park um dort zu feiern. Paula wohnt eigentlich in einem Haus direkt in Pasto, aber das Apartment hat sie für Feiern, Couchsurfer und wenn sie mal Ruhe haben möchte. Das Apartment ist sehr schön und Theresa und ich hatten sogar ein Zimmer für uns alleine. 
Pasto war ungewohnt kalt für uns, besonders als es dunkel wurde und wir schon ein bisschen nass vom ganzen Schaum waren. Das Tanzen war gut gegen die Kälte und irgendwann sind wir noch ein bisschen durch die Stadt gelaufen um dann bereits gegen 22 Uhr nach Hause zu fahren. So eine lange Busfahrt macht doch ganz schön müde. 

Am nächsten Morgen sind Theresa und ich mit einem anderen Couchsurfer aus Ecuador kurzfristig zum Santuario de Las Lajas gefahren. Zum Karneval war es schwierig eine Transportmöglichkeit zu finden, aber wieder hatten wir Glück. Gemeinsam mit einer Familie konnten wir uns einen kleinen Bus teilen. Die Basilika ist in Ipiales, etwa zwei Stunden von Pasto entfernt, also wieder ein Nickerchen im Bus. Ein wunderschönes Bauwerk zu dem Pilger wandern, um für ein Wunder zu bitten. Viel gewandert bin ich zwar nicht, aber um ein Wunder habe ich natürlich trotzdem gebeten. 
Erst gegen Abend waren wir zurück und statt zu dem Apartment am Stadtrand zu fahren waren wir nur kurz im Haus von Paula direkt in Pasto, um Zeit zu sparen. Danach sind wir mit ihren Feunden in eine Peña gegangen, eine Bar in der andine Musik gespielt wird. Die Bar heiβt Embrujo Andino, auf Deutsch etwa andine Verhexung. An der Decke befindet sich ein riesiger, aus bunt angemalten Schaumstoff geformter Zauberer, ähnlich wie die Figuren, auf den Wagen bei den Festzügen des Karnevals. Und auch an den Wänden gibt es mehrere groβe Figuren. Dazu Kerzenlicht, Lifemusik und Agua de Guayusa, ein heiβes und ziemlich starkes Getränk, das hier typisch ist. Wir haben getrunken und zu andiner Musik getanzt, in den Pausen der Band gab es auch Salsa, Merengue und Bachata. Ein toller Abend aber so gegen halb 3 hat mich mal wieder die Müdigkeit gepackt und ich habe in Paulas Haus geschlafen, während die anderen noch in Paulas Café weitergefeiert haben. 

Am nächsten Morgen war ich darum früher wach als die anderen und hatte Zeit um mit Paulas fünfjährigen Neffen Tischfuβball zu spielen und mit ihm, Paulas Sohn und den Groβeltern zu frühstücken. Gegen 10 bin ich mit ihnen bereits in Stadt zum Festzug gegangen. Am Tag der Weiβen gibt es den Desfile Magno, den groβen Festzug. Er ist das Highlight des Karnevals und wir mussten uns gute Plätze sichern. So gegen 12 ging es dann los mit der Parade. Theresa und die anderen haben im Haus einer Freundin geschlafen und kamen irgendwann auch dazu. 
Die farbenfrohen Kostüme und besonders die riesigen Wagen waren wirklich beeindruckend! Als ob ganz Pasto das ganze Jahr über nur für diesen Tag arbeiten würde. Stundenlang haben wir an der Straβe gestanden, die Parade bewundert und wurden mit Schaum und Mehl attackiert. Im Anschluss waren wir alle noch zusammen essen und dann mussten wir uns leider schon von Paulas Familie und ihren Freunden verabschieden. Paula hat uns noch ins Apartment gebracht, wo wir uns zum Glück duschen konnten, bevor wir um 21 Uhr schon wieder im Bus nach Cali gesessen haben. 

Wir hatten insgesamt eine aufregende Zeit, konnten viele schöne Erinnerungen mit nach Cali nehmen und eigentlich wunder ich mich noch immer über das viele Glück, dass wir hatten. Das gröβte Glück war es auf der „Couch“ von Paula zu landen, die uns so lieb empfangen und uns eine unvergessliche Zeit beschert hat!   

Theresa in unserem Zimmer in Paulas Apartment.

Rechts drehen sich Mehrschweinchen, typisch für diese Region.

Santuario de Las Lajas - wunderschön!

Die Basilika von innen. Der Altar ist direkt in den Stein gemeiβelt, 
wo einer Mutter und ihrer Tochter die Jungfrau erschienen sein soll. 
Der Grund für den Bau der Wallfahrtskirche. 

Ein Abend in der Peña Embrujo Andino. 

Links Andres, der Couchsurfer aus Ecuador
und rechts unsere Vorzeigegastgeberin Paula! 

Der Begin des Desfile Magno.
Rund 6 Stunden müssen die teils schweren
Kostüme durch die Straβen getragen werden. 

Währenddessen spielen auch die Kinder mit den Cariocas. 

Nach den Fuβgruppen kommen erst kleine und dann die groβen Wagen. 

Die Wagen sind einfach nur atemberaubend! 

Wunderschöne Motive,  tolle Farben.

Und es kommen immer mehr und mehr...

Riesig sind sie übrigens auch. 

Gut eingestaubt waren wir zum Ende der Parade. 

Und dann gab es auch leider schon das Abschiedsfoto, viel zu schnell!

Ich wünsche euch allen noch ein glückliches, neues Jahr! 

Eure Bianca